Warum
WELCOMING OUT?
Vermutlich hast du es dir schon gedacht – bei WELCOMING OUT geht es um die Vielfalt der Menschen. Genau genommen um geschlechtliche und sexuelle Vielfalt.
Bevor du jetzt aussteigst, weil du denkst, dich betrifft das Thema nicht, bleib bitte noch einen Moment dabei. Denn genau das ist der springende Punkt: Sehr wahrscheinlich betrifft dich das alles mehr als du denkst. Gut möglich, dass dir das bisher nicht bewusst ist, weil es für andere mit belastenden Themen zu tun hat wie Angst, Sorgen, Abwertungen, sich verstellen und verstecken und anderem.
Wenn also ein Mensch, den du magst oder sogar liebst, ständig in Sorge lebt oder von anderen bewusst oder unbewusst abgewertet wird, wie gut muss es sich für diese Person anfühlen, wenn das ein Ende hätte? Und was für ein schönes Gefühl wäre es für dich, wenn du ganz konkret dazu beitragen könntest und evtl. sogar siehst, wie diese Person auf einmal aufblüht?
Neugierig geworden? Dann geht's jetzt richtig los:
Warum dich das Thema mehr betreffen könnte, als du gerade denkst.
Vermutlich hast du schon mal etwas vom Coming-out gehört. Aber wusstest du, dass es nicht nur das eine Coming-out gibt? Vermutlich denkst du bei Coming-out daran, dass lgbtiq+ Personen anderen von ihrer Sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtlichen Identität bzw. Intergeschlechtlichkeit erzählen. Damit liegst du richtig und gleichzeitig ist es nur die eine Seite der Medaille.
Anderen davon zu erzählen, wird das äußere Coming-out genannt. Wenn es ein äußeres gibt, dann gibt es logischerweise auch ein inneres. Das innere Coming-out beschreibt den Prozess, in dem sich Menschen ihrer Sexuellen Orientierung bzw. ihrer Geschlechtlichen Identität bewusst werden oder auch innerlich das Wissen anerkennen, dass sie körperlich nicht den üblichen Vorstellungen von Mann und Frau entsprechen.
Und jetzt kommt der Haken an der Sache:
Zwischen innerem und äußerem Coming-out können teilweise sehr lange Zeiträume liegen. Manchmal sind es Jahre. Je nachdem, wann eine Person ihr inneres Coming-out hat und wie lange es dann bis zum äußeren dauert, können Menschen sich in jedem Alter outen – egal, ob in ihrer Kindheit, mitten im Leben stehend oder bereits im Ruhestand.
Bezogen auf dich heißt das konkret: Womöglich kennst du Menschen, die ihr inneres Coming-out schon hatten, dir aber nichts von ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtlichen Identität oder Intergeschlechtlichkeit erzählt haben. Hast du darüber schon mal nachgedacht?
Nicht alle lgbtiq+ Menschen sprechen sofort offen darüber und vor allem auch nicht jedem. Und nicht alle Menschen, die du für hetero, cis- oder endogeschlechtlich hältst, sind es auch. Kannst du dir vorstellen, dass es in deinem Umfeld Menschen gibt, die lgbtiq+ sind, von denen du es nicht weißt? Und selbst wenn es so wäre: Warum braucht es denn überhaupt ein Coming-out? Ist das etwas, das heterosexuelle, cis-, endogeschlechtliche Menschen auch tun?
Von hier ab kannst du auswählen welchem Pfad du zuerst weiter folgen willst: dem der Sexuellen Orientierung, dem der Geschlechtlichen Identität oder dem der Intergeschlechtlichkeit.
Sexuelle Orientierung
Natürlich haben auch heterosexuelle Menschen ein Coming-out. Allerdings in der Regel nur ein äußeres und kein inneres, weil sie der gesellschaftlichen Norm entsprechen und man es von ihnen nicht anders erwartet. Denn wie würde so ein inneres, heterosexuelles Coming-out aussehen? Wenn sich ein Junge in ein Mädchen verliebt oder umgekehrt, ist es zwar für die einzelne Person aufregend, aber gesellschaftlich gesehen ist niemand überrascht.
Es geht vielleicht um die Frage: „Werden meine Gefühle erwidert?“, aber nicht um die Tatsache, dass es ein Mädchen oder ein Junge ist, zu dem ich mich hingezogen fühle. Das ist in der eigenen Wahrnehmung einfach unhinterfragt klar. Ein äußeres Coming-out findet aber sehr wohl statt und dazu noch selbstverständlich. Nur wird es von den wenigsten als ein äußeres Coming-out wahrgenommen.
Beispiele für ein heterosexuelles Coming-out
Natürlich läuft ein heterosexuelles Coming-out nicht so ab wie man sich eventuell ein lgbtiq+ Coming-out vorstellt, bei dem jemand sagt: „Ich bin lesbisch/schwul/bisexuell/etc.“ Das Ganze ist viel subtiler und beiläufiger.
Stellen wir uns doch einmal die Frage: Was ist ein Coming-out?
Ein Coming-out zu haben, bedeutet, anderen Menschen gegenüber die eigene Sexuelle Orientierung sichtbar zu machen. Um das zu tun, muss man nicht einmal darüber sprechen. Es kann schon genügen, händchenhaltend durch die Stadt zu laufen oder sich in der Öffentlichkeit zu küssen.
Auch beim Sprechen darüber kann es ganz selbstverständlich mit einfließen. Beispielsweise wenn jemand als Frau vom Mann und den Kindern spricht oder als Junge von seiner Freundin erzählt. Die meisten Menschen sehen diese Form der heterosexuellen Sichtbarkeit nicht als Coming-out an und müssen sich aufgrund ihrer eigenen Heterosexualität niemals damit beschäftigen. Das ist einer der Gründe, warum für viele lgbtiq+ Menschen ein Coming-out sehr schwierig sein kann. (s. auch Heteronormativität).
Warum ist ein Coming-out für lgbtiq+ Menschen wichtig und zugleich schwierig?
Die zuvor genannten Beispiele zeigen, wie selbstverständlich ein heterosexuelles Coming-out stattfindet, wie alltäglich, beiläufig und üblich es ist. Aber nun stell dir vor, du wärest nicht heterosexuell und würdest nicht wollen, dass andere das wissen. Du müsstest bei all diesen Alltäglichkeiten einen wesentlichen Teil von dir verstecken.
Stell dir vor, du bist in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung und hast am Wochenende etwas mit deinem*deiner Partner*in unternommen. Im Berufsleben bist du nicht geoutet und am Montag wirst du gefragt, was du so am Wochenende gemacht hast. Was sagst du?
Solche Situationen wirst du als nicht geoutete lgbtiq+ Person sehr häufig erleben. Das ist belastend, weil du immer aufpassen musst, was du sagst, um dich nicht zu verraten – möglicherweise jahrelang und überall. Eventuell fragst du dich jetzt, warum das irgendjemand machen würde, anstatt einfach etwas zu sagen und das Versteckspiel zu beenden. Das ist eine sehr gute Frage.
Die Antwort lautet: Viele Menschen haben einfach zu große Angst vor dem, was im schlimmsten Fall bei einem Coming-out passieren könnte. Sie haben Angst davor, wichtige Menschen in ihrem Leben zu verlieren; Familienmitglieder oder Freund*innen zum Beispiel. Sie haben Angst vor Problemen in der Schule, im Studium oder im Job. Und dass sie dieses Versteckspiel auf sich nehmen, ist ein Zeichen dafür, wie groß diese Ängste sind.
Müssten nicht geoutete lgbtiq+ Menschen Angst vor einer negativen Reaktion haben, wenn sie es dir erzählen? Wenn nicht, wie können sie da sicher sein? Hast du schonmal darüber gesprochen? Kann man es dir ansehen?
Wir von WELCOMING OUT glauben, dass viele Menschen gut darauf reagieren würden, wenn man sich ihnen als lgbtiq+ offenbaren würde.
Wir glauben, dass die meisten Menschen eine offene und akzeptierende Einstellung haben. Aber nur die wenigsten sprechen darüber.
Das wäre aber sehr wichtig – vor allem, weil es niemandem auf die Stirn geschrieben steht. Und genau da kommt WELCOMING OUT ins Spiel.
Wähle aus, wie es weiter gehen soll:
Geschlechtliche Identität
Schon bei unserer Geburt werden wir von unseren Eltern und Mediziner*innen, Hebammen oder Geburtshelfer*innen anhand unserer Körpermerkmale in verschiedene Geschlechter-Schubladen sortiert. Die einen werden in die Schublade weiblich und die anderen in die Schublade männlich einsortiert. Es gibt eine weitere Schublade für inter*/intergeschlechtlich.
Viele Menschen wachsen sehr zufrieden mit der Zuteilung auf und finden diese für sich stimmig: Vielleicht wurdest du als Mädchen eingeordnet und fühlst dich im Erwachsenenalter als Frau? Du wurdest seit deiner Geburt als Junge bezeichnet und hast heute eine männliche Identität? Dann findest du dich in der Zweigeschlechtlichkeit oder auch Binarität von weiblich und männlich grundsätzlich wieder und stimmst dem Geschlecht zu, das auf deiner Geburtsurkunde eingetragen wurde. Wie schön! Der Fachbegriff dafür ist übrigens "cis-geschlechtlich".
Vielleicht nerven dich gesellschaftliche Erwartungen an dein Frau- oder Mann-Sein. Vielleicht möchtest du bestimmten Stereotypen nicht entsprechen (müssen) und dir geht es mal mehr oder weniger gut damit? Das können wir verstehen. Im besten Fall wirst du wenigstens von anderen Menschen – seien es Verwandte, Freund*innen, Nachbar*innen, Arbeitskolleg*innen … oder der freundlichen Busfahrerin – so als weiblich oder männlich erkannt, wie du dich fühlst und entsprechend grundsätzlich passend angesprochen. Dann freuen wir uns mit dir!
Es gibt Menschen, bei denen das bei ihrer Geburt für sie eingetragene Geschlecht nicht, nicht ganz oder nicht immer übereinstimmt mit der Geschlechtsidentität, die sie innerlich fühlen. Das nennt sich transgeschlechtlich oder trans* – wobei es viele Geschlechtsidentitäten auf einem großen Spektrum gibt. Trans* Personen können sich (eher) männlich oder (eher) weiblich fühlen. Viele fühlen sich weder als Mann noch als Frau. Das wird häufig als nicht-binäre Geschlechtsidentität bezeichnet.
Beispiele aus dem Alltag, die ein geschlechtliches Coming-out erfordern können
Geschlechtlichkeit spielt in unserem Alltag eine größere Rolle, als wir oftmals annehmen. Das merken vor allem Menschen, deren Umwelt sie geschlechtlich anders wahrnimmt, als sie selbst sich fühlen.
In alltäglichen Situationen könnten sich ihnen bspw. folgende Fragen stellen:
- Was mache ich, wenn der Opa immer stolz von „seiner Enkelin“ spricht, ich mich aber nichtbinär fühle und mir das jedes Mal einen Stich ins Herz versetzt?
- Wie gehe ich am besten damit um, wenn ich auf meiner Arbeitsstelle noch mit einem alten männlichen Vornamen angesprochen werde, obwohl ich längst schon einen zu mir passenden weiblichen Vornamen ausgesucht habe?
- Sollte ich etwas sagen, wenn es morgens in der Bäckerei dauernd heißt „der junge Mann bitte“, ich aber fühle, dass ich eine junge Frau bin? Und wenn ich etwas sage, wie werden Menschen dort reagieren?
- Was mache ich, wenn ich als Mann im Drogerie-Markt mit meiner EC-Karte bezahlen möchte und die Person an der Kasse für alle Umstehenden gut zu hören fragt „Ist das die Karte ihrer Frau?"
- Was mache ich, wenn ich als Frau ein Paket in der Postfiliale abholen möchte und es nicht ausgehändigt bekomme, weil mein weibliches Erscheinungsbild nicht mehr mit dem männlichen Namen in meinem Ausweis zusammenpasst?
Es gibt so viele Situationen, in denen ich fremden Menschen erklären muss, was ich eigentlich für ein Geschlecht habe. Wie schön wäre es, wenn ich in meinem näheren Umfeld out sein könnte? Wenn ich aufatmen und ich sein könnte, statt mich zu verstecken? Doch mit wem aus meinem Umfeld kann ich darüber sprechen? Bei wem kann ich mir sicher genug sein, dass die Person ausreichend offen ist?
Warum kann ein Coming-out für trans*, nicht-binäre oder gender-nonkonforme Menschen wichtig und zugleich schwierig sein?
Die meisten Menschen wünschen sich, authentisch leben zu können. Sie wollen sich anderen Menschen in ihrem Umfeld so zeigen können, wie sie wirklich sind. Wenn Menschen den mehrheitlichen gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen, ist das leichter möglich. Warum? – Ich habe keine negativen Konsequenzen zu befürchten.
Als trans*, nicht-binäre oder gender-nonkonforme Person hingegen habe ich in meinem Leben vielleicht bereits viele stressige oder gefährliche Situationen und Ungleichbehandlung/Cis-Sexismus erlebt. Aber mich zu verstecken oder Teile meiner Identität zurückzuhalten, fühlt sich auch nicht gut an.
Ich würde mich gern in meinem näheren Umfeld outen können. Doch:
- Woher kann ich wissen, dass ich von dir nicht ausgelacht werde, mir keine blöden Sprüche oder Witze anhören muss oder dass es bestimmt nur eine Phase sei?
- Kann ich mir sicher sein, dass du mich nicht zurückweist und weiterhin zu mir stehst?
- Muss ich befürchten, dass du mir ohne mein Einverständnis unangenehme und sehr intime Fragen zu meinem Körper stellst?
- Habe ich Sorge, dass du es anderen direkt weitererzählst?
Wenn ich mir wegen all dieser Dinge bei dir keine Sorgen machen muss, dann ist WELCOMING OUT genau das Richtige, um mir das zu zeigen.
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Inter*
Vielleicht hast Du bemerkt, dass in Stellenanzeigen seit einiger Zeit hinter der Berufsbezeichnung die Angabe (m/w/d) steht? Dass m für männlich und w für weiblich steht, weißt Du sicherlich. Das d steht für ‚divers‘ – den dritten positiven Geschlechtseintrag, den die transgeschlechtliche inter* Person namens Vanja Ende 2018 durchgesetzt hat. Was oftmals fehlt bei m/w/d ist der vierte mögliche Geschlechtseintrag. Bereits seit 2013 kann der Geschlechtseintrag bei der Geburt eines inter* Kindes ausgelassen werden. Inzwischen können alle Menschen alle vier Personenstände m/w/d/- erhalten – entweder bei der Geburt, über das Personenstandgesetz (§45b) oder das TSG. Ab November 2024 dann über das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), dass das TSG und den §45 PStG ablöst.
Aber was genau heißt es, wenn ein Mensch inter* oder intergeschlechtlich ist? Für manche Menschen verläuft die körperliche Entwicklung nicht so, wie wir es gewohnt sind. Die Kombination ihrer inneren und/oder äußeren Geschlechtsmerkmale ist eine Mischung aus männlichen und weiblichen. Manchmal erkennen Mediziner*innen das bei der Geburt des Kindes, weil das Neugeborene ungewohnte körperliche Merkmale aufweist. Oft wird aber erst später im Leben erkannt, dass ein Mensch inter* ist, zum Beispiel, wenn die Pubertät anders als erwartet verläuft oder ein Kinderwunsch unerfüllt bleibt. Inter*-Sein ist also etwas, dass Du Menschen in den meisten Fällen gar nicht ansiehst.
Das Problem: Wenn Intergeschlechtlichkeit diagnostiziert wird, leiten die Medizinier*innen in den meisten Fällen sofort Maßnahmen ein, um den Körper der betreffenden Person ‚eindeutig männlich‘ oder ‚eindeutig weiblich‘ zu machen – obwohl die Menschen völlig gesund sind. Das passiert auch heute noch oft, ohne dass die Betreffenden genau wissen, warum eine Operation durchgeführt oder bestimmte Medikamente gegeben werden.
Besonders kritisch gesehen werden Veränderungen der Genitalien direkt nach der Geburt. Schließlich können die Säuglinge den Eingriffen noch gar nicht zustimmen. Oft willigen ihre Eltern auch in die Operationen ein, weil sie keine vollständigen Informationen erhalten, was genau all das für die Kinder bedeutet.
Was unterscheidet Inter* von LGBTQ+?
Manche Mediziner*innen sehen Inter* immer noch als ‚Störung‘ oder ‚Anomalie‘ der Geschlechtsentwicklung an. Auch wenn es seit März 2021 ein Gesetz gibt, das inter* Kinder vor medizinischen Eingriffen schützen soll, so sind darin leider nicht alle Inter*-Variationen berücksichtigt, und Jugendliche und Erwachsene werden mit dem Gesetz nicht geschützt. Das heißt: Auch heute finden immer noch Operationen an inter* Kindern und Jugendlichen statt, in die diese noch gar nicht einwilligen können.
Inter* ist ein Sammelbegriff für alle Variationen der Geschlechtsentwicklung, die nicht den Erwartungen an eine männliche oder weibliche Entwicklung entsprechen. Das bedeutet: Es ist eigentlich eine Einteilung in Schubladen. Jede Einteilung in Schubladen ist eine Vereinfachung, die manchen Menschen schadet, weil sie in keine der Schubladen passen.
In manchen Fällen ist es sicherlich sinnvoll, Körper anhand bestimmter Merkmale zu unterscheiden, zum Beispiel bei der Diagnose eines Herzinfarkts oder der Dosierung eines Medikaments. Aber in vielen Fällen ist die Einteilung in zwei körperliche Kategorien, wie männlich und weiblich, vielmehr menschengemacht als ‚biologisch‘.
Apropos: Wer bestimmt eigentlich, wann genau ein Körper männlich oder weiblich ist? Kennst Du zum Beispiel Deinen Chromosomensatz? Woran genau machst Du fest, dass Du cis-endo-männlich oder -weiblich bist? Wie groß ist eigentlich eine männliche Hand oder ein weiblicher Fuß?
Fragen, die wir uns so in der Regel nicht stellen, weil wir die Antworten für selbstverständlich halten. Aber ist das alles wirklich so eindeutig? Denk mal in Ruhe darüber nach und entscheide dann.
Warum kann ein Coming-out für inter* Menschen wichtig und zugleich schwierig sein?
Menschliche Körper sind ebenso vielfältig wie geschlechtliche Identitäten und sexuelle Orientierungen. Das heißt auch: Inter* Menschen können zum Beispiel hetero-, bi- oder homosexuell sein, sie können cis, trans*, nichtbinär oder gender-nonkonform sein. Für manche inter* Menschen ist inter* eine geschlechtliche Selbstverortung – genauso, wie Männer sich als männlich und Frauen sich als weiblich verstehen.
Das Coming-out von inter* Menschen ähnelt deshalb manchmal dem von nicht-heterosexuellen Menschen (hier mehr: Sexuelle Orientierung), manchmal dem von trans*, nichtbinären und gender-nonkonformen Menschen (hier mehr: Geschlechtsidentität).
Die Gründe, sich als inter* zu outen, sind die gleichen wie die für ein Coming-out als LGBTQ+: Die Person möchte authentisch und als der Mensch leben, der sie ist. Manchmal erfahren Menschen erst viele Jahre später, warum sie so häufig operiert wurden oder seit ihrer Kindheit Medikamente nehmen mussten. Andere erfahren eher zufällig durch medizinische Untersuchungen im Erwachsenenalter von ihrer Intergeschlechtlichkeit.
Offen als inter* zu leben, kann deshalb zusätzlich bedeuten, die uneingewilligten medizinischen Veränderungen zu thematisieren, die inter* Menschen immer noch widerfahren. Dass wir heute vier Geschlechtseinträge haben und es ein erstes, noch lückenhaftes Gesetz zum Schutz von inter* Kindern gibt, ist aktivistischen inter* Menschen zu verdanken, die sich für Menschenrechte für inter* Menschen einsetzen. Das sind Schritte in die richtige Richtung aber wir sind noch nicht am Ende des Weges angelangt.
Die Lösung:
WELCOMING OUT
Mit WELCOMING OUT haben wir ein Symbol geschaffen, mit dem du eine ebenso einfache wie wichtige Botschaft aussenden kannst:
„Ich lade nicht geoutete Menschen in meinem Umfeld dazu ein, ihr Coming-out mir gegenüber zu haben. Ich signalisiere damit, dass sie keine negativen Reaktionen zu befürchten haben, und lade zu einem Dialog ein:
Ich habe mein WELCOMING OUT.“
Dafür brauchst du auch kein riesiges Fachwissen zum Thema. Menschen, die ihr WELCOMING OUT haben, öffnen die Tür für einen Dialog. Sie müssen keine Expert*innen sein. Wir sind davon überzeugt, dass, sollte Dank deines WELCOMING OUTs beim Gegenüber ein Coming-out erfolgen, du und dein Gegenüber aus den folgenden Gesprächen ganz viel lernen könnt.
Eine Sache ist aber in jedem Fall unglaublich wichtig: Wenn WELCOMING OUT draufsteht, muss auch WELCOMING OUT drin sein. Denn mit einem WELCOMING OUT werden nicht geoutete lgbtiq+ Personen dazu eingeladen, sich dir anzuvertrauen. Dieses Vertrauen ist ein Geschenk und darf unter keinen Umständen missbraucht werden.
Angenommen auf dein WELCOMING OUT folgt ein Coming-out, dann bedeutet das nicht, dass du keine „Fehler“ machen darfst. Die sind nicht so schlimm, solange du drei essenzielle Basics beachtest:
1. Anerkennung und Respekt
Wenn du mit WELCOMING OUT andere zum Coming-out einlädst, kann es trotzdem passieren, dass dich ein Coming-out total überrascht. Es kann viele Gründe geben, warum du bei einzelnen Menschen nie damit gerechnet hättest. Und trotzdem: Egal, was vorher war oder du zuvor gedacht hast, nimm das Coming-out ernst. Dein Gegenüber kennt sich selbst am besten. Auch wenn du es im ersten Moment nicht verstehst oder nachvollziehen kannst, erkenne es an. Sei respektvoll und alles weitere wird sich in eurem Dialog ergeben.
2. Frag, ob du fragen darfst
Egal, ob dich ein Coming-out überrascht oder nicht, vermutlich werden sehr viele Fragen in dir aufkommen. Das ist absolut verständlich und wird den allermeisten so gehen. Und dennoch sind nicht alle Fragen zu jedem Zeitpunkt passend. Das kann unterschiedliche Gründe haben: Eventuell sind die Fragen zu persönlich oder intim. Möglicherweise könntest du dir manche Fragen nach einem Moment nachdenken auch selbst beantworten; eventuell musste dein Gegenüber die immer gleichen Fragen, bei vorherigen Coming-outs schon tausendmal beantworten; aber eventuell sind deine Fragen auch überhaupt kein Problem. Du kannst es nicht wissen, deswegen: Frag, ob du fragen darfst.
Ein kleiner Tipp: Es kann hilfreich sein, dass du dir vorstellst, jemand würde dir, als cis- endo- heterosexuelle Person, die gleiche Frage stellen. Wenn sich das komisch, störend oder absurd anfühlt, wird die Frage deinem Gegenüber wahrscheinlich auch so vorkommen.
3. Kein Fremdouting
Der Titel spricht für sich. Aber warum ist das so wichtig?
Eine Person hat sich dir gegenüber geoutet. Jetzt möchtest du losgehen und weiteren Menschen von dem Coming-out erzählen, weil du weißt, dass auch sie positiv reagieren werden. Das würde doch vieles erleichtern, oder? Und trotzdem ist das keine gute Idee! Denn womöglich gibt es gute Gründe, die gegen ein Coming-out sprechen, von denen du nichts weißt. Und überhaupt: Die Entscheidung, wann und wie und wem gegenüber ein Coming-out stattfindet, liegt einzig und allein bei der Person, die es betrifft. Einzige Ausnahme: du hast die explizite Erlaubnis der betreffenden lgbtiq+ Person, dass du es anderen erzählen darfst.
Du hast bis hierhin gelesen? Herzlichen Glückwunsch! Du weißt jetzt die wichtigsten Dinge, um gut vorbereitet dein WELCOMING OUT zu haben.
Jetzt geht es um die konkrete Umsetzung: Für dein WELCOMING OUT gibt es viele Möglichkeiten.
- Kostenlosen Merchandise kannst du dir an vielen Orten in Hamburg abholen. Wo genau, kannst du hier sehen.
- Und natürlich kannst du dir auch in unserem Shop etwas kaufen.
- Wenn du der Meinung bist, dass WELCOMING OUT eine richtig gute Sache ist, die du unterstützten möchtest, freuen wir uns auch über kleine und große Spenden. Sage es gerne weiter.
Wir wünschen dir alles Gute für dein WELCOMING OUT und drücken die Daumen, dass daraus für dich und für andere das eingangs erwähnte, gute Gefühl entsteht.
Jetzt
kommst DU!
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